Hilfe bei Depressionen und Ängste

Hilfe bei Depressionen und Ängste

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Depression und Ängste sind in den letzten 20 Jahren immer deutlicher gewachsen. Dennoch bleibt auf dem Gebiet der Forschung weiterhin Wissensbedarf übrig. Ganz anders sieht es aus dem Blickwinkel der betroffenen Patienten.

Die Patienten leiden immer noch darunter dass der Wissensstand der Forschung noch nicht bei Ihnen und in der Gesellschaft angekommen ist. Die Verwaltung und ihre Richtlinien werden nur teils der Problematik gerecht.

Leider hat sich noch nicht durchgesetzt, dass eine qualitativ höherwertige Behandlung letztendlich die wirtschaftlichere ist.

Es besteht immer noch das gesellschaftliche Vorurteil, dass psychisch kranke Patienten eher faule Menschen sind und deswegen die Sozialkosten ständig steigen.

Diese gesellschaftliche Haltung, die nicht auf Nachhaltigkeit und Qualitätssicherung setzt, führt tatsächlich dazu, dass die Kosten zunehmen, anstatt zurückgehen, wie es sein sollte. An dieser Stelle betrügt sich die Gesellschaft selbst.

Alle an dieser konfliktreichen Situation beteiligten sind Mitverantwortlich für das Gelingen einer Therapie bei Depression und Ängste. Die Depressionen werden von den medizinischen Fachgesellschaften genau beschrieben.

Dazu gibt es Leitlinien, die für Jedermann im Internet zugänglich sind. Es gibt eine Patientenleitlinie zur nationalen Versorgungsleitlinie, Unipolare Depression.

Barrierefreie Internetversion (Version 1.0 vom 24.08.2011). Zusätzlich gibt es eine S3-Leitlinie in Kurzfassung und eine Langfassung. Es stellt sich allerdings die Frage ob das alles den Patientin tatsächlich weiterhilft.

Viele betroffene Patienten haben Beschwerden die sie sehr genau schildern können. Sie fangen an Selbstdiagnosen zu stellen und gehen damit zuerst zum Hausarzt. Hier fängt das Dilemma an, insbesondere wenn der Patient nicht einem Facharzt vorgestellt wird. Häufig sind die Patienten ängstlich und haben Sorgen um ihren Arbeitsplatz oder dass sie im näheren Umfeld als psychisch krank abgestempelt werden, was häufig genug geschieht. Hier sind Arbeitgeber, Kollegen und das familiäre Umfeld sehr schädlich für den Mut des Patienten sich in professionelle, fachärztliche Behandlung zu begeben. Außerdem sind komplizierte Verwaltungsvorschriften, von wem auch immer sie erlassen werden, schwer für den Patienten und seiner Genesung verständlich.

Ein weiterhin ausgesprochen schweres Problem in der Psychotherapie ist der Datenschutz.

Trotz aller Anstrengung auf diesem Gebiet ist nicht immer zu gewährleisten, dass sich fremde Personen, weswegen auch immer in die Behandlung einmischen. Durch die in den letzten Jahren zunehmende Vermarktung von Gesundheitspaketen sind dem Missbrauch psychisch Kranker Tür und Tor geöffnet worden.

Der Patient bekommt zunehmend von Nicht-Fachärzten Leistungsangebote, die das Krankheitsbild verschleiern, verschlimmern, verzögern und vieles ähnliches mehr.

Ein Patient ist normalerweise nicht in der Lage zu unterscheiden ob er eine unipolare Depression hat, eine bipolare Erkrankung, eine Anpassungsstörung, ein Burn-out oder Folge dessen an Ängsten leidet. Auch das Krankheitsbild einer posttraumatischen Belastungsstörung wird häufig übersehen. Die Liste der möglichen Fehleinschätzung ist so lang, dass es mühevoll wäre sie alle aufzuzählen. Erschwerend kommt für die Berufstätigen noch hinzu, dass im Rahmen der Personalkosten Einsparungen auf betriebswirtschaftliche Ebene zu einer unzumutbaren Arbeitsverdichtung am Arbeitsplatz führt.

Bei Nachlassen der Konzentration, der Aufmerksamkeit und gewaltigen Stress am Arbeitsplatz über Jahre, geschehen dann gravierende Fehler am Arbeitsplatz, die dann zu Mobbing und unkalkulierbaren Risiken für die betroffenen, sowie für den Arbeitgeber und letztendliche für die gesamte Gesellschaft werden. Die Folgekosten dieser Situation sind so schlimm, dass sie in Zahlen gar nicht mehr wert sind, sie zu berechnen.

Leider sind hier trotz zunehmendem Fortschritt in der Erkenntnis von psychischen Krankheiten zu denen die Depression und die Ängste zählen, keine ernst zu nehmende Studien und Statistiken, die das Ausmaß der Folgeschäden realistisch wiedergeben.

Alles wird dem Diktat kurzfristig Geld einzusparen untergeordnet. An dieser Stelle sind die Universitäten nicht genug im Sinne ihrer unabhängigen Forschung tätig. Interessenkonflikte mit Wirtschaft und Politik verhindern, dass die Universitäten ihren tatsächlichen unabhängigen Erkenntnissen gerecht werden. Stellt sich die Frage, was hilft den betroffenen Patienten letztendlich wirklich wirksam weiter.

Hier kann dem Patienten dringend empfohlen werden, sich so schnell wie möglich einem Facharzt für Psychotherapie oder einem psychotherapeutischen Psychologen anzuvertrauen und ihn auch aufzusuchen, der ihm hoffentlich in dem Gestrüpp von Paragraphen und gesellschaftlichen Vorurteilen weiterhilft. Es ist nicht Aufgabe des Arbeitgebers zu entscheiden, was der Mitarbeiter braucht oder welche Erkrankung er haben könnte. Das Arzt- und Therapeutenverhältnis ist entscheidend für die Genesung des Patienten. Der Psychotherapeut sollte entsprechend über ausreichende Erfahrung verfügen und selbstverständlich auch entsprechend qualifiziert sein. Entsprechende Nachweise sind immer bei der entsprechenden Ärztekammer hinterlegt.

Ein anderes wichtiges Thema bei den psychischen Beschwerden von Patienten ist die Angst und ihre Abwehr.

Der Angst kommt insofern eine Signalfunktion zu, als sie dem Verlust der körperlichen und/oder seelischen Integrität als drohendes oder schon erfolgtes Ereignis deutlich macht. Diese Angst beinhaltet häufig alle gängigen Vorstellungen. Angst vor Verlassen werden, soziale Isolation, passives ausgeliefert sein, Verlust der Autonomie und Lebensqualität, Angst vor Schmerz, eventuell Unheilbarkeit und Tod.

Die Angst hat auch die Funktion, psychische Kräfte zu mobilisieren, die darauf zielen, die Integrität wieder herzustellen (F. Mehrwein). Hier ist ärztliche Kunst, wie seit der Antike bekannt, gefragt. Aber wesentliche Führungsaufgabe des Arztes ist es, diese Angst und ihre Abwehrmechanismen, die nach außen hin völlig verdeckt sein können, zu erkennen. Der Arzt wird mit der Angst seines Patienten sehr viel mehr durch die ganze Skala der Abwehrphänomene konfrontiert, als durch das offene Eingeständnis: „Ich habe Angst“.

Die Abwehrmechanismen erlauben es dem Kranken, nicht hilflos der Angst ausgeliefert zu sein. Es gelingt ihm damit eine gewisse Kontrolle der Angst, ein bestimmtes Anteil an unkontrollierter Angst, sogen. frei flotierende Angst bleibt jedoch übrig. Aufgabe des Arztes ist es, mit dem Angst-Abwehr-Phänomen diesen Anteil der freien Angst zu erkennen und den Kampf gegen diese Angst gemeinsam mit dem Patienten in den Behandlungsplan einzubeziehen.

Die Arzt-Patienten-Beziehung ist und bleibt von entscheidender Bedeutung. Meistens genügt es schon, einfach zuzuhören. Vielleicht will der Patient überhaupt nur die Möglichkeit bekommen, lange verschüttete Fragen nach dem Sinn des Lebens, nach Gott, nach einem Leben nach dem Tode für einen anderen hörbar zu formulieren, statt sich schamhaft in Schweigen zu hüllen.

Häufig sind Depressionen und Angst als Beschwerden der Patienten anzutreffen. Die WHO richtet die Klassifikation der Depressionen nach der ICD 10 derzeit ein.

Hier wird die Depression in Schweregrade eingeteilt, d.h. leichte, mittelgradige und schwere depressive Episoden, und nach dem zeitlichen Verlauf werden die Episoden in einmalig und rezidivierend eingestuft. Bei mittelgradige und schwere depressive Episoden ist eine medikamentöse Therapie, vorausgesetzt der Patient akzeptiert es, indiziert.

Voraussetzung für erfolgreiche medikamentöse antidepressive Therapie sind daher operationalisierte Diagnostik und das Bemühen, gleichzeitig zur medikamentösen Behandlung des Patienten, ihn zusätzlich psychotherapeutisch zu betreuen.

Allerdings gehört bei der Verordnung von Antidepressiva eine große Erfahrung und Sachkenntnis über die Wirkung und Nebenwirkung dieser Medikamente. Die Verordnung, insbes. die Erstverordnung gehört in die Hände eines erfahrenen Arztes für psychotherapeutische Medizin oder eines Psychiaters. Zu berücksichtigen ist die lange Zeit, die Antidepressiva benötigen, bis sie überhaupt ihre völlige Wirkung entfalten. Hier sind Zeitspannen zwischen 4 bis 8 Wochen unbedingt notwendig einzuhalten. Hierüber sollte der Patient ausgiebig und klar informiert und aufgeklärt werden. Ein nicht sachgemäßer Umgang mit Psychopharmaka, kann dem Patienten letztendlich zu einer ablehnenden Haltung gegenüber dieser Medikamentengruppe führen. Hier sollte sehr sorgfältig mit der Medikation umgegangen werden. Letztendlich bleibt der Erfolg an alle, die mit psychischen Patienten umgehen, sich der Verantwortung bewusst werden, welchen Stellenwert die Psyche in unserem Leben hat.

Dr. med. Günther Hitpass