Burnout ist Multifaktoriell

Burnout ist Multifaktoriell

Jeder der sich intensiver mit dem Phänomen Burn-Out beschäftigt, wird relativ schnell feststellen dass es sich bei diesem Beschwerdebild um ein sehr komplexes und in jeder Hinsicht nicht von einem unerfahrenen Behandler beurteilt werden sollte. Mittlerweile ist es Mode geworden mit dem sehr komplexen Zustandsbild eines Burn-Out merkantile Zwecke zu verfolgen. Bei vielen dieser Anbietern liegt der Gedanke vor, mit ein paar Entspannungsübungen und Wellnessangeboten könne die Problematik des Burn-Out gelöst werden.

Leider verliert der Betroffene der ernsthaft um einen Burn-Out erkrankt ist somit die Übersicht über sein Zustandsbild. Mag sein dass der betreffende kurz danach das Gefühl hat es habe sich alles zum Besseren gewendet. Genau an diesem Punkt beginnt die Tragödie für viele vom Burn-Out Betroffenen, weil sie die grundlegende Schwierigkeit ihrer Situation gar nicht zu diesem Zeitpunkt begreifen. Aus psychotherapeutischer Sicht ist es schade, dass der Burn-Out Betroffene aus merkantilen Gründen viel zu häufig getäuscht wird.

Das Zustandsbild eines Burn-Out erkrankten ähnelt leider sehr ähnliche Erkrankungen wie zum Beispiel eine klassische Depression, eine Anpassungs Störung oder einer Somatoformen Störung. Allein deswegen ist es unverantwortlich dass viele Institutionen ihr Geld mit Burn-Out Betroffene verdienen und Ihnen einen leichten Weg der Heilung auch noch versprechen. Zum besseren Verständnis ist es wichtig sich klarzumachen dass psychische Krankheiten nicht mit Laborwerte oder Bildgebende Verfahren zu diagnostizieren sind.

An dieser Stelle ist die professionelle Erfahrung eines Psychotherapeuten mit seiner Berufserfahrung und seiner langjährigen Ausbildung von entscheidender Bedeutung. Wer professionell arbeitet wird seinem Patienten individuell sehen wollen, und sich nicht nur mit Wellness Angebote und sonstige Hotelleistungen begnügen wollen. Das individuelle Erfahrungs geprägte professionelle Gespräch mit dem Patienten steht in einem klaren erfahreneren Setting im Vordergrund. Hier gilt es Rücksicht zu nehmen und dem Patient in seiner Gesamtheit wahrzunehmen. Der Mensch ist generell eingebettet in einen Bio psychosoziales System, welches in seiner Komplexität seinesgleichen sucht.

Abgesehen von seiner Komplexität ist das Burn-Out mit dem derzeitigen Zeitgeist in Verbindung zu bringen. Wenn wir davon ausgehen dass wir es immer mit einem Bio psychosozialem System zu tun haben, ist es nicht verwunderlich wenn eine Störung in der Work-Life-Balance vorliegt. Die derzeitig vorliegende soziale Situation ist gekennzeichnet zum Beispiel durch eine zunehmende Verdichtung am Arbeitsplatz und im familiären privaten Umkreis. Dies bedeutet zum Beispiel das Burn-Out Patienten vorwiegend ein Zeit fallen Problem haben.

Generell kann festgehalten werden dass der Mensch in unserer schnelllebigen Zeit um ein Vielfaches mehr gefordert ist und wird wie zu früheren Zeiten. Der Mensch wird heute bzw. heutzutage ähnlich wie eine Maschine an seiner Produktivität gemessen. Dabei wird vergessen dass der Mensch kein Computer und kein mechanisches Objekt ist. Heutzutage wird jeder Mitarbeiter nur anhand von Statistiken und Zahlen beurteilt. Dass der Mensch jedoch auch ein biologisches Wesen ist wird durch die moderne Betriebswirtschaft außer Acht gelassen.

Hier entsteht der erste Konflikt der eigentlich ein Interessenkonflikt zwischen Betriebswirtschaftslehre und Gesundheitswesen ist. Der Mensch ist auf Dauer nicht unendlich belastbar und ist im Laufe seines Lebens natürlichen Schwankungen unterworfen. In einer auf Wettbewerb ausgelegten Marktwirtschaft ist der Faktor Mensch zu einem großen Risiko geworden. Leider können auf gewinn orientierte Unternehmen keine Rücksicht auf menschliche Befindlichkeiten nehmen.

Aus diesem Grunde hat sich die leistungsorientierte Gesellschaft Ansicht erheblich im Vergleich zu früheren Zeiten akzentuiert. An dieser Stelle ist jedoch Vorsicht geboten denn im Gegensatz zu früheren Zeiten liegt die Belastung nicht mehr auf der körperlichen Ebene im Sinne einer Überbelastung des Bewegungsapparates und der Muskulatur, sondern die Belastung spielt sich eher im Bereich des Gehirns, des vegetativen Nervensystem, und der hormonellen Regelkreise. Welche Dauerschäden im Bereich des Gehirns und des hormonellen Systems entstehen gibt es viele Studien und Untersuchungen die schon ansatzweise zeigen welche Krankmachenden Faktoren ursächlich infrage kommen.

Besonders bitter ist es für die betreffende dass es hier beim Krankheitsbild des Burn-Out keine eindeutige und sichere Beweise gibt welche die Folgen einer Dauerbelastung des Gehirns und des vegetativen Nervensystems beeinflussen die sie als Argument für eine der Kompensation heranziehen können. Die Patienten werden häufig als faul, Versager oder als Leistungsunwillig entwertet und abgestempelt.

Durch die Globalisierung, der Wirtschaftskrise in vielen Ländern und Bereichen die dies betrifft wird eine Zunahme vom Krankheitsbildern erwartet die mit dem Begriff Burn-Out oder des ausgebrannt sein gekennzeichnet werden.

Aus sozioökonomischen Gründen wird die Erkrankung bzw. das Zustandsbild des Burn-Out als Zustand und nicht als Krankheit durch die Weltgesundheitsorganisation definiert. Das mag für das Anfangsstadium eines Burn-Out zutreffen, gilt jedoch nicht mehr bei einer Chronifizierung des Zustandsbildes in Richtung einer depressiven Episode oder sonstige ähnlich geartete Dekompensation.

Es gibt gut gemeinte Versuche einiger Betriebe eine Burn-Out Prophylaxe zu betreiben indem sie Entspannungsmethoden und Körpergymnastische Übungen anbieten. Die tatsächliche Ursache des Burn-Out ist damit nicht behoben und es ist davon auszugehen dass diese Maßnahmen letztendlich nur eine Beruhigung des Gewissens dienen, jedoch das Problem in seiner Gesamtheit jedoch damit nicht lösen.

Hier sind wieder merkantile Gedanken im Vordergrund, auf keinen Fall kann dies die Lösung des Problems sein. Solange hier ein gesamtgesellschaftliches Umdenken stattfindet wird die Situation auf Dauer nicht zu beherrschen sein. Die Gesellschaft wird auf Dauer eine ständig zunehmende Verdichtung der Arbeitsintensität nicht gut verkraften. Ohne ein nachhaltiges gesellschaftliches Denken ist an diesem Punkt nicht mit einer Entspannung der Situation zu rechnen. Es gibt zwar Ansätze durch groß angelegte Studien und Statistiken die Bedeutung des Burn-Out zu belegen, dieses hat jedoch bisher nicht zu einem Umdenken gesellschaftlicher Art geführt.

An dieser Stelle spiegelt sich in aller Deutlichkeit der Interessenkonflikt zwischen der Wirtschaft und das Gesundheitswesen wieder. Der Patient hat nur die Möglichkeit in einem geschützten Patienten bezogenen Rahmen seiner verzweifelten Lage zu entkommen.

Die Psychotherapeuten die sowohl klinisch wie auch ambulant tätig sind können dem Patient stärken, ihnen Werkzeuge in die Hand geben damit sie in Zukunft ihre Aufgaben und ihr Leben besser bewältigen können geben. Sie können das Krankheitsbild oder das Beschwerdebild eines Burn-Out fachgerecht behandeln oder lindern, sie können jedoch nicht die gesamtgesellschaftliche Problematik einer Dauerbelastung mit Überforderung in der Außenwelt lösen. Bisher sind keine Anzeichen gesellschaftlicher Art zu erkennen, die dieses Problem als tatsächliches Problem in den Vordergrund stellen.

Es gab bisher eine Flut medialer Publikationen über das Phänomen Burn-Out jedoch bewirkt hat es nichts Wesentliches außer dass es eine größere Bedeutung bekommen hat in Richtung merkantile Ausbeutung eines ernst zu nehmendes Problems. Krankheitsbedingte Störungen sollten im Bereich der psychosomatischen Versorgung bleiben und nicht wie bisher geschehen merkantilen ausgebeutet werden. Es erscheint daher fraglich ob die Medien mit ihrer Flucht an Publikationen dem Patienten, dem es wirklich betrifft damit einen guten Gefallen getan haben.

Dr. med. Günther Hitpass