„Lachen macht glücklich“

Gemeinsam Lachen hilft

Zwei starke Frauen stehen den drei Fachbereichen der Fachklinik St. Lukas vor: Seit gut zwei Jahren ist Dr. med. Birgit Staab, Fachärztin für Psychosomatik, Psychotherapie und Neurologie hier Chefärztin des Fachkrankenhauses für Psychosomatik, seit wenigen Wochen verstärkt Marietta Mader, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, unser Team als Chefärztin der Rehaklinik und der Privaten Psychiatrie.

Im Interview erzählen die beiden Frauen, wie sich ihre Arbeitsbereiche voneinander unterscheiden und welche Wirkung Lachen und Corona auf die menschliche Psyche haben können.

 

Frau Dr. med. Staab, Frau Mader: Inwiefern unterscheiden sich Ihre Arbeitsfelder voneinander?

Dr. med. Birgit Staab: Der Grund für die Aufnahme ins Fachkrankenhaus ist eine akute Krise in den letzten 3 Monaten. Meine Patienten sind also akut von einer psychischen Erkrankung betroffen. Im Fachkrankenhaus helfen wir ihnen, diese zu überwinden und Stabilität wiederzugewinnen.

Marietta Mader: Zu mir in die Rehaklinik kommen Patienten entweder als Anschlussbehandlung an ihren Aufenthalt im Fachkrankenhaus oder wenn ihre Erkrankung schon länger besteht. In der Reha kümmern wir uns darum, dass sie wieder fit für ihren Alltag werden.

In der Psychiatrie behandeln wir überwiegend Suchtkranke. Wir bieten hier Entwöhnung und Entzug an, damit unsere Patienten nach ihrer Behandlung suchtfrei leben können.

 

Verraten Sie uns, wann Sie das letzte Mal aus vollem Herzen gelacht haben?

Dr. med. Birgit Staab: Das war heute Morgen, als wir dieses Interview begonnen haben. Ich habe mich darauf gefreut.

Marietta Mader: Bei mir war es gestern Abend, als mir mein Sohn erzählt hat, dass er die Lösung für die Corona-Pandemie gefunden hat: Er möchte im Kindergarten eine Falle für die Viren bauen. Er stellt sich die Falle wie eine kleine Grube vor und möchte mit einer Lupe kontrollieren, ob die Viren auch wirklich hineintappen.

 

„Lachen ist die beste Medizin“, heißt es oft. Inwiefern trifft das auf die menschliche Psyche zu?

Marietta Mader: Ich finde, Lachen lockert viele Situationen ein bisschen auf und durch ein nettes Lächeln lässt sich vieles positiv beeinflussen: Dadurch fühlen sich viele Patienten gleich viel wohler und man kann ihnen ein Stück Selbstbewusstsein mitgeben.

Dr. med. Birgit Staab: Lachen entspannt und ein entspannter Mensch ist gesprächsfreudiger und besser gelaunt.

 

Was macht Lachen mit unserer Psyche?

Marietta Mader: Lachen löst, ähnlich wie gewisse Medikamente oder auch Drogen, Botenstoffe in uns aus, die uns ein positives Gefühl vermitteln. Wir entspannen uns dadurch und werden lockerer. Vereinfacht ausgedrückt, kann man sagen, Lachen funktioniert wie eine Droge oder ein Medikament.

Dr. med. Birgit Staab: Außerdem ist Lachen ansteckend und mitreißend. Lachen macht glücklich.

 

Kein Grund zum Lachen ist die Corona-Pandemie, die die Bundesrepublik weiterhin fest im Griff hat. Was macht die aktuelle Lage mit unserer Psyche?

Marietta Mader: In der Rehaklinik merken wir deutlich, dass viele Patienten mit Ängsten zu tun haben. Einige haben ihre Reha bei uns abgesagt, weil sie Angst haben, sich hier mit Corona zu infizieren. Die Angst davor ist also so groß, dass sie eine medizinisch notwenige Behandlung aufschieben. Natürlich gibt es auch Ausnahmen, manche leugnen die Krankheit oder wollen nichts davon hören. Aber allgemein merkt man, dass viele von Ängsten, Verunsicherungen oder Ungewissheiten geplagt sind.

Dass sich die aktuelle Situation auf unsere Suchtkranken auswirkt, zeigt sich oft schon im Anamnese-Gespräch. Wenn ich Patienten frage, wann und wie ihre Sucht außer Kontrolle geraten ist, erzählen die meisten etwas, das Corona assoziiert ist. Zum Beispiel, dass es vor einem Jahr begonnen hat, als sie ins Homeoffice gewechselt sind. Viele trinken seitdem doppelt so viel.

Corona führt einfach zu einer ungünstigen Gesamtkonstellation: Es fehlt das soziale Umfeld und die berufliche Verpflichtung, in dem Sinne, dass man in die Arbeit geht. Viele sitzen jetzt abends auch alleine zuhause und beginnen so, immer mehr zu trinken.

Dr. med. Birgit Staab: Durch die Pandemie steigen die Anspannung und die Ängste der Menschen, viele beschäftigen auch existenzielle Sorgen. Manche Menschen können nicht mehr richtig schlafen, machen sich Sorgen um ihr Leben und das ihrer Angehörigen. Manche Menschen haben auch selbst eine Erkrankung erlebt, andere haben Menschen in ihrem Umfeld, die schon erkrankt oder auch daran gestorben sind. Das alles führt zu einer wesentlich höheren Grundspannung der Menschen. Dadurch sind viele bedrückter und reizbarer als zuvor. Dazu kommt, dass viele Menschen ihre Probleme früher durch Aktivitäten wie Shoppen, Kaffee-Trinken, Freunde treffen, Schwimmen, ins Kino gehen und so weiter kompensiert oder reguliert haben. Vieles davon ist aktuell einfach nicht möglich.

 

Inwiefern spüren Sie die Auswirkungen der letzten 12 Monate in Ihrem Berufsalltag?

Dr. med. Birgit Staab: Es kommen mehr Menschen ins Fachkrankenhaus, die direkte Erlebnisse mit Corona gemacht haben. Viele, die nach einer Corona-Erkrankung sehr müde sind, auch junge Menschen. Sie können nach ihrer Erkrankung oft nicht mehr das machen, was sie zuvor konnten und sorgen sich, wie lang ihre Symptome noch anhalten. Außerdem kommen Menschen, deren Angehörige an Corona erkrankt sind, um das zu verarbeiten.

Marietta Mader: Wie gesagt, bei uns ist es eher umgekehrt. Viele Reha-Patienten kommen eher nicht, aus Angst vor einer Ansteckung. Suchtkranke Patienten haben wir aber sehr viele, weil Corona einfach den Raum gibt, um Süchte auszubauen.

 

Mit welchen Langzeitfolgen rechnen Sie?

Marietta Mader: Letztlich kommt es auf die Erlebnisse der einzelnen Patienten an. Wenn man jemanden hat, der an Ängsten leidet, wird sich das wohl manifestieren.  Viele Ängste sind dann nicht nur auf Corona bezogen, sondern generalisieren. Trauer wird bestimmt auch ein großes Thema, zum Beispiel wenn jemand durch die Krankheit einen lieben Menschen verloren hat. Wenn jemand selbst erkrankt ist, kommen Zukunftsängste hinzu, ob er jemals wieder richtig fit sein wird. All das wird uns, glaube ich, auch in Zukunft noch beschäftigen.

Dr. med. Birgit Staab: Vor Corona konnten viele Probleme durch Aktivitäten kompensiert werden. Viele davon sind seit Monaten, teils schon über ein Jahr, nicht mehr möglich. Das führt dazu, dass mancher Stress nicht mehr abgebaut werden kann, sondern sich weiter aufbaut. Das kann zu Stresserkrankungen führen. Es sind mehr psychische Erkrankungen zu erwarten.

 

Schließen wir den Bogen zurück zum Lachen. Welches Lachen ist für Sie das schönste?

Marietta Mader: Wenn ein Baby einen zum ersten Mal bewusst anlächelt, das ist das allerschönste.

Dr. med. Birgit Staab: Wenn man verliebt ist und sich zum ersten Mal richtig anlacht, das ist auch sehr schön.

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